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FAHRRADLIED

Fahrtwind weht mir ins Gesicht, meine Haut tankt Sonnenlicht
Ich bin ein Stahleselreiter und die Gefahr ist mein Begleiter,
Die Rettung vor der Intensivstation, sie lautet schlicht: Intuition
denn sich öffnende Autotüren drohen mich unsanft zu berühren,
rotierende 40 Tonnerreifen, die fast meinen Lenker streifen
Und manch beautote Kleinhirne fahren, sanft wie ´ne Abrissbirne,
Für 'n paar lumpige Autolängen wie beim römischen Wagenrennen
Ich fahr nur Fahrrad (in Berlin)

Hochsommertag, der Himmel blau. Ich fahr vorbei am Megastau.
Während man mich mit Blicken steinigt, zum steh'n statt weiterfahr'n gepeinigt
Seh´ ich die Leute, wie sie schwitzen, sich räkeln in den Autositzen.
wie sie prustend fluchend hupen während die Auspufftöpfe pupen
Als dann so'n wild fuchtelnder Hampel das Gespräch mit mir sucht an der  Ampel:
Wie ich eigentlich dazu käme und mein Vorfahrtsrecht wahrnähme
Weiß ich genau, warum der sich beschwert: Der neidet mir heut mein Gefährt,
denn ich fahr Fahrrad (in Berlin)

Auch bei Winter, Eis und Schnee sag ich: 'Zentralheizung, ade'.
Nun geht's hinaus zu den Gewalten, um die Gesundheit zu erhalten
Die Strassen sind vom Schnee geräumt, der nun die Fahrradwege säumt,
die dann gestreut sind, wenn es taut, doch nun ist Sperrmüll draufgebaut.
Ich schwör` dir bei meiner Luftpumpe: auf´m Radweg liegt ganz schön Gelumpe
Das meine Weiterfahrt gefährdet und mich manchmal zwangsweise erdet
Auch ist's nicht spritzig im Regen durch'n Hundehaufen durchzufegen
Mit meinem Fahrrad (in Berlin)

Neulich fahr ich abends aus, 'ne Mausefalle holt mich raus.
Und drei Beamte erklären mir bräsig: mein Licht leuchte nicht vorschriftsmassig
Während Autos mit 80 vorüberrauschen, tun die an meinem Schutzblech  lauschen,
und stellen fest, dass da was wackelt und dann wird nicht mehr gefackelt.
Ich krieg 'n Ticket mit Belehrung, und mein Gemüt gerät in Gährung
Weil ich tief im Innern weiß, wie mein Freund und Helfer heißt:
Es ist mein Schutzengel, der gestresst sich bald zur Kur versetzen lässt,
denn ich fahr Fahrrad (in Berlin)

 


© Gerd Sulger